Mindset India - Interkulturelles Training, interkulturelles Coaching und interkulturelle Beratung für Indien
Indien_Wirtschaft_1v3
Indien_Wirtschaft_2v3
Indien_Wirtschaft_3v3

Interkultur und Multikultur: ist das ein Unterschied?

Mindset India ist eine bekennende Berliner Firma. Die Mehrzahl unserer Kunden sitzt allerdings in West– und Süddeutschland. Dazu kommen noch Kunden in Nord– und Mitteldeutschland. In Berlin selber können wir uns bis jetzt nur über einen einzigen Kunden freuen. Wirtschaftlich gesehen ist Berlin leider keine Metropole mehr. Was das multikulturelle Zusammenleben angeht, aber mit Sicherheit. Multikultur war in Berlin während der Achtzigerjahre das Schlagwort und hat bei vielen große Hoffnungen genährt. Leider muss man sagen, dass die meisten dieser Hoffnungen nicht erfüllt wurden. Wie in vielen anderen Metropolen dieser Welt kann man auch in Berlin den Trend zur Ghettoisierung beobachten. Haben interkulturelle Trainings nun etwas mit der Verwirklichung multikulturelle Träume zu tun, wie manchmal vermutet wird? Um die hinter den Wörtern liegenden Konzepte klar gegeneinander abzugrenzen, möchte ich im folgenden Beitrag weiterhin von Multikultur und Interkultur sprechen, obwohl beide Wörter nur als Adjektiv – wie in multikulturelles Zusammenleben oder interkulturelle Kommunikation – benutzt werden.

Multikultur meint das Zusammenleben verschiedener Kulturen in einem bestimmten Kulturraum. Hier sind von vornherein Probleme vorprogrammiert, da der Kulturraum selbst kein Vakuum ist, sondern schon von den Einheimischen geprägt wurde. Berlin hat hier natürlich hervorragende Voraussetzung, denn die Stadt hat schon über Jahrhunderte hinweg Menschen verschiedener Religionen und kultureller Prägungen aufgenommen und auch erfolgreich integriert, bis die Nazis kamen und alles zerstörten. Nichtsdestotrotz muss man nicht Migrationsbeauftragte/r sein, um zu sehen, dass die Migrationswellen der letzten drei Jahrzehnten erst noch erfolgreich integriert werden müssen.

Interkultur ist dagegen ein ganz anderes Konzept und hat mit Multikultur wenig zu tun. Hier geht es nicht darum, für ein friedliches und sich gegenseitig befruchtendes Zusammenleben zu sorgen, sondern um die Kommunikation und das Handeln über kulturelle Grenzen hinweg. Bei Interkultur verbleiben die Kulturträger in ihren angestammten Kulturräumen. Den anderen Kulturraum besuchen sie für einen fest definierten Zeitraum, beziehungsweise treten mit den anderen Kulturträgern in vermittelten Kontakt – wie etwa bei Conferencecalls, Emails und Telefonaten. Daher sind für die Wirtschaft vor allen Dingen interkulturelle Angelegenheiten von Bedeutung.

Interkultur bedeutet in meinen Augen auch, dass sich für keinen Beteiligten die Notwendigkeit ergibt, die eigene kulturelle Identität erweitern oder sogar aufgeben zu müssen, um z.B. eine Migrantenidentität zu entwicklen, wenn die Zielkultur »Zugezogenen« nie die Identität der Einheimischen zubilligen kann. Im interkulturellen Austausch gibt es daher auch bedeutend weniger Spannungen, als bei multikulturellen Angelegenheiten, obwohl Outsourcing und Offshoring natürlich heikle Themen sein können, die auch im interkulturellen Training zur Sprache kommen.

Meine Seminarteilnehmer äußern am Anfang eines Seminars nicht selten die Befürchtung, sie selber müssten »ein bisschen wie ein Inder werden, um besser mit den Indern kommunizieren zu können.« Interkulturelle Kompetenz ist mehr mit dem Erlernen einer Fremdsprache zu vergleichen und verlangt dem Kulturträger keine Anpassung seiner Identität ab. Niemand, der im Englischunterricht sitzt, wird ernsthaft davon ausgehen, durch die neue Sprache seine Identität zu verlieren. Sein Repertoire an Kommunikationsformen muss er allerdings schon erweitern, um erfolgreich interkulturell mit einem anderen Kulturträger zu kommunizieren. Im multikulturellen Zusammenleben müssen nicht nur die Migranten sondern auch die Einheimischen ihre kulturellen Identitäten erweitern, damit eine Integration der Zugezogenen auf lange Sicht hin möglich wird.

In der interkulturellen Kommunikation gibt es sicherlich auch Vorbedingungen und Grundvoraussetzungen. So wie nicht jeder gleichermaßen begabt ist, eine fremde Sprache zu erlernen, so ist nicht jeder gleichermaßen begabt, interkulturelle Kompetenz zu entwickeln. Ein paar Brocken kann aber jeder lernen. Auch wenn auswendig gelernte Dos and Don’ts einen noch nicht für das diplomatische Korps qualifizieren, so können sie doch helfen, die schlimmsten Fallstricke zu umgehen und für ein positives Klima zu sorgen, dass die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiche interkulturelle Kommunikation ist. Am einfachsten fällt es den Menschen, interkulturelle Kompetenz zu entwickeln, die darin keinen Widerspruch mit ihrer kulturellen Identität sehen. Wer schon eine Fremdsprache beherrscht, hat meistens wenig Schwierigkeiten eine zweite zu erlernen. Wer schon einmal interkulturelle Kompetenz bezüglich einer Kultur erwerben musste, dem wird es höchstwahrscheinlich nicht schwer fallen, sich auch auf eine andere Kultur einstellen zu können. Vorausgesetzt natürlich derjenige hat sich nicht nur an eine imaginäre globale »Coca-Cola-Kultur« angepasst, die er dann in jedem anderen Land wiederzufinden glaubt.

Aber von den Unterschieden zwischen Interkultur und Multikultur einmal abgesehen, sind wir auf jeden Fall davon überzeugt, dass interkulturelle Kompetenz dabei helfen kann, auch das multikulturelle Zusammenleben für alle Seiten Gewinn bringend zu gestalten. Interkulturelle Kompetenz sollte daher nicht nur im Weiterbildungsprogramm von Fach- und Führungskräften stehen.

Sascha Bosetzky