Der richtige Zeitpunkt für ein interkulturelles TeamtrainingIm ZEIT-Magazin in der Rubrik "Das hat mich gerettet" habe ich einen sehr interessanten Artikel gelesen. Ein berühmter deutscher Jazztrompeter erzählte von seiner Leidensgeschichte. Seit einigen Jahren machte er einfach keine Fortschritte. Egal, wie viel er auch übte, sein Trompetenspiel wurde einfach nicht besser. Im Gegenteil - es wurde schlechter, je mehr er übte.Gerettet hatte ihn dann der Rat einer Trompeten-Kapazität. Dieser fand heraus, daß der Trompeter sein Instrument von Anfang an falsch an die Lippen ansetzte. Für den Trompeter begann nun ein langer Prozeß des Umlernens. Er mußte praktisch die Trompete komplett neu lernen, konnte dann aber schnell Fortschritte machen und wurde endlich durch Üben besser und nicht schlechter. Diese Geschichte ist eine hervorragende Analogie zur interkulturellen Zusammenarbeit. Es kommt nicht selten vor, daß die deutsch-indische Zusammenarbeit auch nach Jahren nicht so klappt, wie es sich die Initiatoren vorgestellt haben. Oft reagiert man mit der Erhöhung des Druckes auf das Problem. Der zuständige Manager in Indien wird an die kurze Leine genommen, neue Zielvereinbarungen werden getroffen und in der Kommunikation wird der Druck höher. Nun ist es zwar so, daß Inder im Allgemeinen gut unter Druck arbeiten können. Das indische Schulsystem ist nicht so hart wie das koreanische, aber der Druck zum Ende der Schule ist enorm und läßt deutsche Gymnasien wie ein großes Ferienlager erscheinen. Druck an der falschen Stelle und mit den falschen Mitteln aufzubauen, führt selten zu den gewünschten Ergebnissen. Bei einem Unternehmen, daß wir dieses Quartal beraten haben, führte es zu einer Werksbesetzung. Mit interkulturellen Arbeitsbeziehungen verhält es sich wie mit dem Trompeten: Erst, wenn man den richtigen Ansatz gelernt hat, macht man die gewünschten Fortschritte, ansonsten verschlimmert zusätzlicher Druck alles nur. Wie man Druck in einer multikulturellen/-nationalen Arbeitsbeziehung am besten aufbaut bzw. wie man Arbeitsprozesse so gestaltet, daß dies unter Umständen gar nicht nötig wird, sollte bereits vor Beginn der Zusammenarbeit von allen Beteiligten gelernt werden. Schon innerhalb eines Landes sind hier große Unterschiede in den Unternehmenskulturen wahrnehmbar. Über kulturelle und nationale Grenzen hinweg werden die Unterschiede in der Regel größer. Bewährt haben sich Teamtrainings, die zu verschiedenen Zeitpunkten der Zusammenarbeit veranstaltet werden. Gleich zu Beginn, wenn Onshore- und Offshore-Team mit der eigentlichen Arbeit noch gar nicht begonnen haben, kann ein Teamtraining verbunden mit Teambuilding-Veranstaltungen außerhalb der eigentlich Arbeitsumgebung, helfen, Mißverständnisse zu vermeiden, indem verbindliche Kommunikationsstandards festgelegt werden, die auf die jeweiligen kulturell geprägten Besonderheiten Rücksicht nehmen. Während es deutschen Teammitgliedern meist auf eine transparente und offene Diskussionskultur ankommt, in der man ohne große Umschweife Feedback geben und nehmen kann, ist es für indische Offshore-Teams wichtig, daß die Kommunikation die Person hinter der Aufgabe und die hierarchische Organisation nicht vergißt, in der sich die Person befindet. Feedback wird meist in abgemilderter Form gewünscht. Bei einem Teamtraining, welches wir vor zwei Wochen, für einen deutschen Großkonzern veranstalteten, baten wir die Teilnehmer, ihre Ansprüche an die teaminterne Kommunikation auf Karten in kleinen Gruppen zu sammeln und dann dem Plenum vorzustellen. Die Vorschläge gingen alle in die oben aufgeführte Richtung. Da Onshore- und Offshore-Team aber schon seit zwei Jahren zusammengearbeitet haben, waren die Bedenken, an solch einer Veranstaltung teilzunehmen auf beiden Seiten sehr groß. Besonders die Inder aus dem Offshore-Team fürchteten die große Abrechnung. Für uns als Seminarleiter stellte es sich als größere Herausforderung dar, sowohl die Bedürfniss des deutschen Onshore-Teams nach einer klaren Aussprache als auch die Bedürfnisse des Offshore-Teams nach Gesichtswahrung in Einklang zu bringen. Hier zeigte sich ganz klar, wie wichtig ein Teamtraining gleich zu Beginn der Zusammenarbeit gewesen wäre. Die Erwartungshaltungen des Onshore- und des Offshore-Teams hätten so von Anfang an abgeglichen werden können, ohne daß es zu Mißverständnissen und Arbeitsverzögerungen hätte kommen müssen. Eine persönliche Beziehung der einzelnen Teammitglieder ist auch in der heutigen Zeit von großem Vorteil und erleichtert die Zusammenarbeit enorm. Die Investition in eine solche Veranstaltung zahlt sich auf jeden Fall aus und vermeidet böse Überraschungen, wenn sich Zielvorgaben doch nicht einhalten lassen, weil die Zusammenarbeit durch vielfältige Reibungsverluste nur schleppend vorangeht. Weitere Teamtrainings zu einem späteren Zeitpunkt, wenn jedes einzelne Teammitglied schon Erfahrungen mit den Kollegen aus dem Offshore- bzw. Onshore-Team gesammelt, helfen dann, Kommunikations- und Arbeitsstile weiter zu synchronisieren und Teammitglieder ihrer interkulturellen Kommunikations- und Sprachfähigkeiten besser zu positionieren. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie ein deutsch-indisches Team planen. Mit Ihnen zusammen erstellen wir gerne einen Weiterbildungsfahrplan für das Team. Herzliche Grüße, Sascha Bosetzky |